Rencontres d’Arles 2011: Programm und Vorschau

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Veranstaltung
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Traditionell Anfang Juli startet wie jedes Jahr das bedeutende Fotofestival Rencontres d’Arles mit einem umfangreichen Programm in der Eröffnungswoche. Bereits im April wurden Details bekannt gegeben. Was erwartet den Besucher in diesem Jahr?

Die Rencontres d’Arles sind für jeden Fotografiebegeisterten eine Reise wert. Die Ausstellungen beginnen mit der Eröffnungswoche Anfang Juli und schließen im September. Bis dahin hat der geneigte Besucher die Chance, sich die vielen Ausstellungen zu anzuschauen. Die Eröffnungswoche lohnt sich jedoch besonders, da man in dieser Zeit das vielfältige Rahmenprogramm wahrnehmen kann. Dazu gehören neben Führungen, Vorträgen, Vorführungen und Workshops auch die wundervolle Nuit de l’Année, die Nacht des Jahres. Auch dieses Jahr lockt das Festival wieder einmal mit einem interessanten Ausstellungsprogramm. Dieses Jahr lautet das Oberthema „non-conforme/uncertified“, was man vielleicht mit unbescheinigt oder unangepasst übersetzen könnte. Doch wie füllen die Veranstalter um Direktor Francois Hebel dieses Motto aus? Die Ausstellungen sind in 5 Pfade geteilt: Manifestos, Republic, Documents, Points of View und Other Initiatives.

Highlights der Ausstellungen

Der kleine Ort Arles bietet sich als Ausstellungsort ideal an. Von verfallenen Häusern, über Kirchen und Burgen, bis zu alten Industrieanlagen wird eine Menge geboten, um die Bilder in einer angenehmen Umgebung zu präsentieren. Dabei ist die Stadt gerade groß genug, um die Masse an Besuchern und Ausstellungen (60 an der Zahl) aufzunehmen, dabei aber trotzdem eine intime Atmosphäre zu bewahren.

Bild: Chris Marker PASSENGERS, 2008 – 2010
Courtesy of the artist and Peter Blum Gallery

Unter dem Oberthema Manifestos wird die Ausstellung From Here On präsentiert, die von 5 Personen kuratiert wird, die ein gemeinsames Manifest unterschrieben haben. Die Ausstellung wird neue Positionen in der Fotografie und Künstler präsentieren, die unter dem Eindruck der neuen Möglichkeiten des Zugangs zu und Veröffentlichung von Fotografie im Internetzeitalter stehen. Des Weiteren werden Arbeiten des Schriftsteller und Filmemachers Chris Marker im Rahmen einer Rertrospektive präsentiert. Seit den 80er Jahren setzt sich Marker mit elektronischen Medien auseinander. Präsentiert wird auch seine Serie Passengers, für die der Fotograf Portraits in der Pariser U-Bahn anfertigte und diese digital verfremdete. Zusätzlich zu seinen Fotografien, werden auch filmische Arbeiten Markers, insbesondere der einflussreiche Film La Jetée, präsentiert. Ebenfalls unter dem Thema Manifest wird einer meiner absoluten Lieblingsfotografen und Streetartkünstler JR seine Arbeit am 10 Juli im Theatre Antique präsentieren. Längst ist der geheimnisvolle Künstler, der Streetart und Fotografie mit einem politischen Gewissen verbindet, zu einer festen Größe bei den Rencontres geworden.

Das zweite Oberthema wird Republic sein. Unter diesem Motto wird eine Reihe von Künstlern zum Thema Mexico präsentiert. Damit setzt sich die Enge Verbundenheit des Festivals mit (Süd-)Amerika fort, waren doch eine Reihe von Argentiniern im Rahmen des Argentina Trails im Vorjahr präsentiert worden. Aus meiner Sicht spannend wird sicherlich die Ausstellung The Mexican Revolution mit bisher unveröffentlichten Bildern eines Pioniers auf dem Gebiet der Fotoreportage, dem Briten Jimmy Hare.

Bild: Gerda Taro
© International Center of Photography

Ebenfalls zeithistorischen Wert haben die seit 1939 verschollenen gegeglaubten und erst 2007 in Mexiko wieder entdeckten Negative Robert Capas, Gerda Taros und Chim Seymours aus der Zeit des Spanischen Bürgerkrieges. Diese Aufnahmen werden zum ersten Mal in Europa präsentiert. Der Name der Ausstellung und des dazugehörigen Buches ist The Mexican Suitcase, angelehnt an die Pappkoffer, in denen die Negative gefunden wurden. Wer mehr über den Fund und die Aufbereitung wissen möchte, kann sich auf der Internetseite des ICP weitergehend informieren. Zum Thema Documents wird ebenfalls, in Zusammenarbeit mit der Aperture Foundation, 30 Jahre Dokumentar- und Portraitfotografie beim New York Times Magazine präsentiert.

Unter Points of View werden in diesem Jahr die vielen Nachwuchspreise präsentiert. Unterstützt wird das Festival dabei von der LUMA Foundation, einer gemeinnützigen Organisation, die sich der Unterstützung junger, unabhängiger Künstler verschrieben hat. Wieder dabei ist der Publikumspreis Discovery Award. Für die Ausstellungen in diesem Rahmen wählen die Kuratoren jeweils eine Reihe von Fotografen aus, die im vergangenen Jahr auf sich aufmerksam gemacht haben und würdig sind, einem breiten Publikum bekannt zu werden. Der Preis wird, nach dem Votum des Publikums, im Rahmen der Abschlussveranstaltung im Theatre Antique verliehen. Das zehnjährige Bestehen des Discovery Awards wird in diesem Jahr mit einer Ausstellung gefeiert, die die Gewinner der letzten Jahre präsentiert. Ebenfalls verliehen wird der Book Award. Die nominierten Foto-Bücher lassen sich im Vorfeld begutachten und somit bietet der Award eine gute Möglichkeit, einen Überblick über die Fotobuchmarkt im vergangenen Jahr zu bekommen und neue Werke zu entdecken.

Unter dem Titel Other Initiatives wird eine Reihe von Ausstellungen von Unterstützern und Sponsoren zu sehen sein. Dazu gehören Ausstellungen der LUMA Foundation, der Handelskette Fnac, des Telekommunikationsunternehmens SFR und weiteren.

Das Rahmenprogramm

Mindestens genauso spannend wie die Ausstellungen, ist das vielfältige Rahmenprogramm, dessen Besuch während der Eröffungswoche absolut empfehlenswert ist. Die Fotografen und Kuratoren führen durch Ihre Ausstellungen und stellen die Arbeiten dem Publikum vor. Damit sowohl die Gäste aus Frankreich als auch das internationale Publikum glücklich wird, wird in der Regel ein Übersetzer zur Seite gestellt, der mit manchmal mehr manchmal weniger zufrieden stellendem Ergebnis versucht, dem Redefluss des Vortragenden zu folgen. Der Besuch der Führungen schafft einen intensiven Zugang zu dem vorgestellten Werk und der Künstler bleibt in Zukunft besser im Gedächtnis. Leider nicht geben wird es in diesem Jahr die Interviewreihe im Theater, die im Jahre 2009 noch eines der Highlights darstellte. Die abendlichen Künstler-Vorstellungen im antiken Theater in Arles sollte man ebenso, zumindest teilweise mitnehmen. Interessant werden im diesem Jahr die Eröffungsveranstaltung, bei der eine Dokumentation zur Geschichte der bereits erwähnten Mexican Suitecase gezeigt wird, und die Abschlussveranstaltung, bei der die Gewinner der verschiedenen Preise geehrt werden. Zusätzlich wird an diesem Abend Publikumsliebling und TED-Preisträger JR seine Arbeiten präsentieren.

Den Höhepunkt der Eröffnungswoche stellt die Nuit de l’Année dar. Dort werden über die Stadt verteilt Projektionen verschiedener Arbeiten gezeigt. Die Altstadt von Arles ist eine angemessene Kulisse dafür. Vergesst nicht, ebenfalls das Off-Festival Voies Off zu besuchen. Hier finden sich ebenfalls interessante Vorträge, Ausstellungen und natürlich die Nuit de la Roquette.

Während meines Besuchs während der Eröffnungswoche werde ich unter den twitter Accounts @onko und @mittleresgrau schreiben und erreichbar sein. Seid Ihr ebenfalls während der Eröffnungswoche vor Ort? Dann meldet Euch, vielleicht sieht man sich ja. In dem folgenden Video bekommt Ihr einen kleinen Eindruck aus dem letzten Jahr.

Rencontres d’Arles 2010 from Rencontres d'Arles on Vimeo.

[Update:] Inzwischen bin ich von den Rencontres wieder zurückgekehrt. Wenn Ihr wissen wollt, was mir dieses Jahr beim dem Foto-Festival besonders gut gefallen hat, dann könnt Ihr meinen Reisebericht in der Form eines Rückblicks nachlesen.

In einem späteren Artikel findet Ihr außerdem eine Auflistung der Ausstellungen, die mir beim Rencontres 2011 besonders gut gefallen haben.

Der Autor

Till ist Fotograf, Blogger und Betreiber dieses Blogs. Sein Interesse gilt der Dokumentarfotografie, insbesondere klassischer Streetphotography, dem New Color Movement und dokumentarischer Landschaftsfotografie.